Rund um die Ernährung Teil 5 - BARFen und selber kochen

In den letzten Artikeln ging es über Futter im Allgemeinen und die Futterarten Trocken- und Nassfutter. Und wer sie gelesen hat, der weiß, DAS Futter gibt es nicht. Es kommt immer auf den Hund und seinen Halter an, was am besten passt. Heute widmen wir uns einer relativ neuen Fütterungsart, die aber weit zurückgeht und sich am Ursprung des Hundes orientiert – nämlich dem Wolf. Ziel beim BARFen ist es, so wie der Wolf frisst, auch den Hund zu ernähren. Ob das wirklich sinnvoll ist, und worauf man achten muss, wird in diesem Artikel zum Thema BARF erklärt.

Begriffserklärung

Als erstes klären wir die Frage, was BARF eigentlich heißt. BARF ist eine Abkürzung und steht für Bones And Raw Food, also Knochen und rohes Futter. Die Betonung liegt auf Futter, das heißt, der Hund bekommt nicht nur Knochen und Fleisch, sondern auch andere rohe Nahrungsmittel. Aber dazu später mehr. Andere Ausformulierungen sind Biologically Appropiate Raw Food (= biologisch angemessenes rohes Futter) oder eingedeutscht: biologisch artgerechtes rohes Futter. Die Begriffe suggerieren eine gesunde, tierfreundliche Ernährung. Dies ist auch der häufigste Grund für einen Wechsel zur Rohfütterung. Fakt ist, dass es gar keine festgelegte Definition für den Begriff „artgerecht“ gibt. „Per Gesetz wird vom Tierhalter eine artgemäße Ernährung gefordert, ohne dass näher erläutert wird, was darunter genau zu verstehen ist (§2 TSchG, §8 TierSchHuV). Die Bezeichnung „artgerechtes Futter“ lässt also durchaus Spielraum für verschiedene Interpretationen.“ (Fritz, 2015, S.7 f.).

Das Prinzip

„Die Grundlage des BARFens ist die natürliche Ernährung des Wolfes.“ (Fritz, 2015, S. 8). Der Wolf ist ein Fleischfresser. Er verspeist teilweise ganze Beutetiere. Das heißt, er frisst innere Organe wie Leber, Herz, Lunge, Nieren und Milz. Diese sind besonders nährstoffreich und werden deshalb als erstes gefressen. Anschließend kommen das Muskelfleisch und die Knochen dran. Der Schädel, das Fell, die großen Beinknochen und das Rückgrat werden im Normalfall nicht gefressen, ebenso wie der Inhalt des Magen-Darm-Trakts. Dieser wird entgegen der gängigen Meinung nicht oder nur zum Teil gefressen. Pflanzenmaterial wird nämlich nur im Rahmen der Zerlegung des Beutetieres aufgenommen oder über das Fressen von Früchten, Wurzeln, Kräutern oder auch den Kot von Pflanzenfressern. Nur gleich an dieser Stelle erwähnt: Für unseren Haushund ist es aber durchaus empfehlenswert Ballaststoffe aufzunehmen.

Bei knappem Nahrungsangebot greift der Wolf auch auf Aas, Fellreste oder Abfälle zurück. Wenn er aber ein Beutetier erlegt, dann kommt ihm sein stark dehnbarer Magen zu Gute. Der Wolf kann nämlich ein Viertel seines Körpergewichts auf einmal fressen. Das wäre bei einem Menschen von 70kg Körpergewicht 17kg Essen.

(vgl. Simon, 2014, S. 13  und Fritz, 2015, S. 8 f.)

Nice to know - Unterschied zwischen BARF und Rohfütterung (wird meist synonym verwendet):

Die Begriffe werden oft synonym verwendet, aber streng genommen bedeuteten sie folgendes:

BARF: Das komplette Beutetier wird verfüttert. Hier orientiert man sich wirklich an den klassischen Beutetieren des Wolfes, also in der Regel Wildtiere.

Rohfütterung: Die meisten Komponenten werden roh belassen. Als Fleischquelle greift man vorrangig auf Schlachttiere aus der Nutztierhaltung zurück. Die Futterration wird meist ergänzt, beispielsweise mit Kohlenhydraten, Getreide oder Ölen.

Aber kann man den Hund so ernähren, wie der Wolf sich ernährt?

Der Hund ist – anders als die Katze z.B. -  ein Omnicanivor. Er ist also ein Allesfresser mit überwiegend fleischlicher Kost. „Hunde können somit auf vielerlei Weise ernährt werden und sind ihre Ernährung betreffend sehr flexibel. Dies hat Hunden ermöglicht, eine andere ökologische Nische zu nutzen als die Wölfe. In menschlicher Umgebung bekommen sie ihr Fressen sozusagen ´auf dem Teller präsentiert` und müssen nicht mehr selbst jagen, um zu überleben.“ (Fritz, 2015, S. 9). Auch Straßenhunde erlegen ihre Beute kaum selber, sondern ernähren sich hauptsächlich aus Abfall.  Ein weiterer Unterschied zum Wolf ist, dass bei ihm die Erhaltung seiner Population im Vordergrund steht. Anders als bei unserem Hund. Bei diesem geht es um die Lebensdauer und somit um die Erhaltung des einzelnen Individuums. Heißt also, dass ein Wolf, der sich suboptimal ernähren muss, trotzdem fortpflanzen kann, aber wahrscheinlich nicht unbedingt ein hohes Alter erreicht (in freier Wildbahn im Durschnitt 5 Jahre). Für unseren Hund wünschen wir uns aber ein langes und gesundes Leben. Und abgesehen vom Lebensziel der zwei Arten ist auch der Energiebedarf der beiden zu berücksichtigen. Wölfe fressen viel mehr und nehmen somit automatisch mehr Nährstoffe zu sich als unsere Hunde. Außerdem enthalten die Beutetiere in der Natur fast keine Kohlenhydrate, während sich der Hund im Laufe der Domestikation an die Aufnahme dieser gewöhnt hat und sie sehr wohl verdauen kann. Aus ernährungspsychologischer und evolutionsbiologischer Sicht spricht nichts dagegen seinem Hund Getreide zu füttern.

(vgl. Fritz, 2015, S. 10 & 13)

BARF – Arten:

  • BARF ohne Knochen
    • Der Calcium-Anteil wird anstatt über Knochen, über Eierschalenkalk oder Calciumpräparate gedeckt
  • TeilBARF 
    • Ein Teil wird entsprechend der BARF-Philosophie gefüttert, der andere Teil besteht aus einer anderen Futterart (z.B. Trockenfutter)
  • BARF mit Kohlenhydraten
    • beinhaltet neben Fleisch, Knochen und Gemüse auch Kohlenhydrate, wie Reis oder gekochte (!!!) Kartoffeln
  • Prey-BARF
    • Hier werden ganze Teile oder Tierteile verwendet 
  • BARF nach Beutetierschema Die Ration wird so zusammengestellt, dass sie die verschiedenen Bestandteile eines Beutetieres in sich vereint. 
    • 80 % verdaubare Komponenten wie Muskeln, Innereien, Blut und Knochen
    • 20 % pflanzliche Bestandteile, evtl. Getreide, Öle, Zugaben, usw.
    • Oft werden auch Eier, Fisch und Milchprodukte gegeben.
    • Beliebte Methode ist hier BARF nach Swanie Simon (s. Quelle unten).
  • BARF nach Baukastensytem Hier handelt es sich um die klassische Methode, die an den Unis gelehrt wird.
    • Ration wird in bestimmte Arten von Grundkomponenten unterteilt (Fettlieferanten, Eiweißlieferanten, …)
    • Futtermittel können flexibel gewählt werden
    • Wichtig! Der Bedarf des Hundes und die allgemeinen Empfehlungen zu Nährstoffgehalten müssen bekannt sein!
    • Man greift nicht nur auf Wildtiere (Beute), sondern auch auf landwirtschaftliche Nutztiere zurück. Hier ist zu beachten, dass diese einen geringeren Omega-3-Anteil in ihrem Fettsäuremuster aufweisen, was bei der Verfütterung unbedingt beachtet werden muss. Außerdem dürfen nicht alle Teile eines Schlachttieres verfüttert werden und Schlachttiere werden entblutet, was ebenfalls bei der Rationsgestaltung berücksichtigt werden muss.

(vgl. Fritz, 2015, S. 10 f. und Ziemer & Falke, 2019, Lek. 5, S. 7 f.)

Die Vorteile des BARFens

  • Man weiß genau, was der eigene Hund bekommt
  • Naturnahe, individuelle, abwechslungsreiche Auswahl und Zutaten
    • Viel Freude bei Mensch und Hund
    • Längere Fresszeiten
    • Gut für empfindliche oder allergische Hunde
  • Geringe Nährstoffverluste durch die rohe Verwendung der Zutaten
  • Bessere Verdaulichkeit
  • Bessere Aufnahme und Verwertung der Nährstoffe
  • Weniger und seltener Kot, oft nur einmal pro Tag
  • Zahnpflege durch mechanische Reibung und Kauvergnügen
    • deutlich weniger Zahnstein
    • deutlich weniger Maulgeruch
  • Kein Zucker, der sich leider oft in industriellem Futter findet
  • Erfahrungen von Haltern sehr positiv (Achtung! Keine Studien!)
    • mehr Energie
    • schöneres Fell (meist aufgrund des höheren Eiweißgehaltes)
    • weniger Probleme mit den Gelenken
    • weniger Probleme mit Parasiten
    • Kaum Flatulenzen
    • Saubere Ohren
  • Individuelle Bedürfnisse, beispielsweise kranker Hunde, können besser berücksichtigt werden
  • Hitzeempfindliche Vitamine bleiben erhalten, so dass keine Vitaminzusätze zugefügt werden müssen

Ob Rohfütterung verhindern kann, dass sich Allergien ausbilden, ist sehr umstritten. Eine schwedische Studie kam zu einem 50 % Ergebnis.

(vgl. Ziemer & Falke, 2019, Lekt. 5, S. 10 ff.)

Die Nachteile des BARFens

  • Potenzielle Infektionsgefahr durch Erreger im Fleisch
  • Hygienerisiken durch rohe Zutaten wie Fleisch, Innereien oder Knochen
  • Häufig werden ungeeignete Futtermittel verfüttert
    • Hülsenfrüchte
    • Eiklar
    • Nachtschattengewächse wie Tomaten oder Auberginen
    • Zwiebelgewächse
    • Kehlkopf
    • Schlund
    • Stichfleisch
    • Kehlkopf, Schlund und Stichfleich können die Schilddrüse beeinflussen
  • Gefahr durch Knochen
    • Verstopfung (in diesem Fall könnte man alternativ Eierschalen(-pulver), Knochenmehl oder Fertigpräparate aus dem Handel verwenden)
    • Knochen können splittern oder brechen. Verletzungen im Maul oder Magen-Darm-Trakt können die Folge sein. Deswegen dürfen NIEMALS gekochte Knochen verwendet werden, da diese schneller splittern!
  • Mängel oder Überversorgung von Nährstoffen, was leider sehr häufig vorkommt. 
    • Es sollte immer eine Rationsberechnung von einem Experten erstellt werden
    • Eigene Rationsberechnungen sollten überprüft werden
    • Oft werden Schäden durch eine selbst zusammengestellte Fütterung erst nach Jahren bemerkt

(vgl. Fritz, 2015, S. 28)

Selber Kochen

Auch bei „hausgemachter“ Fütterung gilt, dass das Futter nicht einfach so zusammengewürfelt werden darf.  Um einen Überblick zu bekommen, welcher Aufwand dafür betrieben werden muss, hier ein Überblick, was die Aufgabe eines Hundeernährungsberaters ist.

Folgenden Schritte sind nötig, um einen Hund gut zu versorgen:

  1. "Verfügbare Einzelmittel mit ihren wichtigsten Inhaltsstoffen auflisten
  2. Bedarf an Energie und verdaulichem Rohprotein für den betreffenden Hund ermitteln
  3. Erforderlichen Futtermengen zur Deckung des jeweiligen Energie- und Proteinbedarfs kalkulieren
  4. Pflanzenöle oder Schweineschmalz einsetzen, um ausreichend essenzielle [Fettsäuren] im Futter zu gewährleisten
  5. Versorgung mit Rohfaser (Ballaststoffen) prüfen und je nach dem, Weizenkleie oder Gemüse beimischen
  6. Zufuhr an Mineralstoffen, Spurenelementen, sowie Vitaminen überprüfen und etwaige Mängel mit vitaminierten Mineralfutter, vitaminreichen Ergänzungsfutter oder Leber ausgleichen“

(Ziemer & Falke, 2019, Lekt. 2, S. 67).

Fazit

„Per Tierschutzgesetz §2 werden Tierhalter zu einer artgerechten Ernährung aufgefordert – ohne dass dabei aber aufgeführt ist, was artgerecht bedeutet!“ (Ziemer & Falke, 2019, Lekt. 5, S. 10)

Es gibt keine wissenschaftlichen Daten, die belegen, ob BARFen besser ist oder nicht. Des Weiteren sind die Erfahrungsberichte unterschiedlich. Da weder die Tiermedizin noch die Futtermittelindustrie Interesse hat wissenschaftliche Fakten bzw. Vorteile des BARFens zu liefern, fehlen die Investoren für Studien und deshalb gibt es aktuell nicht viele.

Vielen Hunde bekommt das BARFen auch nicht. Letztendlich entscheidet also der Hund, ob er das BARFen verträgt oder nicht.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass das BARFen, wenn man es richtig macht, eine gute Sache ist und man den Hund sehr naturnah ernähren kann. Eine schlecht zusammengestellte BARF-Ration ist allerdings sehr gesundheitsschädigend und deshalb unbedingt zu vermeiden. Ein gut zusammengesetztes Trocken- oder Nassfutter ist also besser als eine schlecht zusammengesetzte BARF-Ration oder ein selbstgemachtes Futter.

Quellenverzeichnis:

  • Fritz, J., 2015, 2. Erw. Aufl., „Hunde BARFEN – Alles über Rohfütterung“, Stuttgart, Eugen Ulmer KG
  • Simon, S., 2014, 6. Aufl., „ BARF – Biologisch Artgerechtes Rohes Futter – Die artgerechte Ernährung des Hundes mit BARF – Mit Tabellen, Futterplänen, Literatur- und Linktipps“, Neustadt an der Aisch, Verlag Drei Hunde Nacht
  • Zentek, J., 2012, 3. Aufl., „Hunde richtig füttern“, Stuttgart, Eugen Ulmer GmbH & Co. KG
  • Ziemer, J. und Ziemer-Falke, K., 2019, „Skript für Ernährungsberater für Hunde“, Großenkneten, Schulungszentrum für Hundetrainer GmbH und Co. KG

Der Artikel wurde von unserer Auszubildenden und Hundeernährungs-Fachfrau Jana Lamers geschrieben